Tragepflicht: Sicherheitsschuhe
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Organisatorische Umsetzung der Sicherheitsschuhpflicht
Umsetzung der Sicherheitsschuhpflicht
Gefährdungsbeurteilung und Auswahl: Unternehmen sind verpflichtet, im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) zu ermitteln, ob und welche Beschäftigten Sicherheitsschuhe tragen müssen. Dabei werden Art und Umfang der Gefährdungen analysiert – insbesondere, ob Fuß- oder Beinverletzungen durch mechanische Einwirkungen (z. B. Stoßen, Einklemmen, herabfallende oder abrollende Gegenstände) oder durch Gefahren wie spitze Gegenstände am Boden, heiße/ätzende Flüssigkeiten etc. zu erwarten sind. Eine Gefährdung ist nicht strikt an bestimmte Berufe gebunden, sondern überall dort gegeben, wo mit solchen Risiken zu rechnen ist. Kommt die Beurteilung zum Ergebnis, dass Fußverletzungen möglich sind, muss der Arbeitgeber den betroffenen Mitarbeitern geeignete Sicherheitsschuhe zur Verfügung stellen. Die Auswahl der richtigen Schuhart (z. B. Schutzklasse S1 vs. S3) muss ebenfalls auf der Gefährdungsbeurteilung basieren. Gegebenenfalls können branchenspezifische Empfehlungshilfen (z. B. DGUV-Beispielsammlungen) hinzugezogen werden, ersetzen aber nie die individuelle Beurteilung.
Bereitstellung und persönliche Ausrüstung: Sicherheitsschuhe sind Teil der Persönlichen Schutzausrüstung (PSA) und müssen vom Arbeitgeber kostenfrei in ausreichender Anzahl bereitgestellt werden. Gemäß DGUV Vorschrift 1 § 29 („Grundsätze der Prävention“) hat der Unternehmer „den Versicherten geeigneten Fußschutz in ausreichender Anzahl zur persönlichen Verwendung zur Verfügung zu stellen.“. Personengebundene Ausstattung ist dabei wichtig: Nach § 2 Abs. 2 der PSA-Benutzungsverordnung (PSA-BV) sind PSA grundsätzlich für den Gebrauch durch eine Person bestimmt. Arbeitgeber sollen also jedem Beschäftigten eigene Sicherheitsschuhe aushändigen, die passend in Größe und Form sind. Dies dient auch hygienischen Gründen – getragene Lederschuhe passen sich z.B. der Fußform an und sollten nicht einfach an andere weitergegeben werden. Falls ausnahmsweise eine Weitergabe (z.B. an kurzzeitig Beschäftigte oder Praktikanten) nötig ist, muss der Arbeitgeber sicherstellen, dass keine hygienischen Probleme oder Gesundheitsgefahren auftreten (etwa durch sachgerechte Desinfektion). In jedem Fall darf nicht darauf verzichtet werden, auch kurzfristig Beschäftigten die nötigen PSA bereitzustellen (Grundpflicht des Arbeitsgebers nach ArbSchG § 3).
Unterweisung und Dokumentation: Arbeitgeber müssen ihre Mitarbeiter über die Benutzung der Sicherheitsschuhe unterweisen. Diese Pflicht zur Unterweisung ergibt sich sowohl aus dem ArbSchG (§ 12) als auch explizit aus der PSA-Benutzungsverordnung. Die Unterweisung sollte vor Erstbenutzung und danach regelmäßig (mindestens jährlich oder bei Änderungen) erfolgen und Inhalte wie den richtigen Tragegebrauch, Pflege der Schuhe und Prüfung auf Mängel abdecken. Zusätzlich sollte der Arbeitgeber Betriebsanweisungen oder Benutzerinformationen bereitstellen, die die sicheren Gebrauchshinweise der Hersteller in verständlicher Form vermitteln. Alle relevanten Schritte des internen Managements sollten auch dokumentiert werden. Gemäß ArbSchG § 6 müssen Arbeitgeber – abhängig von Betriebsgröße und Tätigkeit – Unterlagen führen, aus denen Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung, die getroffenen Maßnahmen und deren Wirksamkeitskontrolle hervorgehen. In der Praxis bedeutet das, festzustellen und schriftlich festzuhalten, in welchen Arbeitsbereichen Sicherheitsschuhe erforderlich sind, welche Schutzklasse jeweils nötig ist und dass die Mitarbeiter darüber belehrt wurden. Diese Dokumentation dient als Nachweis der Sorgfalt und sollte bei Veränderungen (neue Arbeitsverfahren, neue Erkenntnisse) fortgeschrieben werden.
Überwachung und Instandhaltung: Die Unternehmensleitung ist dafür verantwortlich, dass die vorgeschriebenen Sicherheitsschuhe tatsächlich und jederzeit bestimmungsgemäß getragen werden. Hierzu sollten interne Kontrollen stattfinden, z. B. Vorgesetzte, die darauf achten, dass in gekennzeichneten Bereichen niemand ohne Sicherheitsschuhe arbeitet. Die Beschäftigten selbst sind laut ArbSchG § 15 und DGUV Vorschrift 1 § 30 verpflichtet, die zur Verfügung gestellten PSA bestimmungsgemäß zu benutzen. Verstoßen Mitarbeiter wiederholt gegen die Tragepflicht, kann der Arbeitgeber im Rahmen seiner arbeitsschutzrechtlichen Aufsichtspflicht Abmahnungen aussprechen oder andere disziplinarische Maßnahmen ergreifen. Außerdem müssen Sicherheitsschuhe regelmäßig geprüft, gewartet und bei Verschleiß ersetzt werden. Die PSA-BV schreibt vor, dass der Arbeitgeber für Wartung, Reparatur und nötigen Ersatz der PSA zuständig ist. In der Praxis sollte es feste Intervalle geben, um z.B. die Profiltiefe der Sohle oder die Unversehrtheit der Zehenschutzkappe zu kontrollieren. Beschädigte oder abgenutzte Sicherheitsschuhe sind unverzüglich auszutauschen, damit der Schutz stets gewährleistet ist.
Rechtliche Grundlagen
Die Pflicht zum Tragen von Sicherheitsschuhen stützt sich auf ein Geflecht von Gesetzen, Verordnungen und Regeln im deutschen Arbeitsschutz. Zentral ist das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), das den Rahmen für alle Arbeitsschutzmaßnahmen bildet. Es verpflichtet Arbeitgeber, “alle erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen” (§ 3 ArbSchG) und Gefährdungen durch eine Beurteilung der Arbeitsbedingungen zu ermitteln (§ 5 ArbSchG). Daraus folgt, dass der Arbeitgeber geeignete Schutzmaßnahmen – einschließlich PSA wie Sicherheitsschuhe – bereitstellen muss, sofern technische und organisatorische Lösungen die Gefahr nicht ausreichend minimieren können.
Kostenübernahme: Schutzmaßnahmen dürfen den Beschäftigten nicht in Rechnung gestellt werden. Weder das Bereitstellen der Sicherheitsschuhe noch deren Ersatz oder Pflege darf vom Arbeitnehmer bezahlt werden – diese Kosten trägt stets der Arbeitgeber (ArbSchG § 3 Abs. 3 i.V.m. DGUV V1 § 2 Abs. 5). Zudem regelt ArbSchG § 15 die Pflicht der Beschäftigten, den Anweisungen des Arbeitgebers zu folgen und bereitgestellte PSA vorschriftsmäßig zu benutzen.
PSA-Benutzungsverordnung (PSA-BV): Diese Verordnung („Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen bei der Arbeit“) setzt die EU-Richtlinie 89/656/EWG in deutsches Recht um. Sie konkretisiert die Pflichten rund um PSA-Bereitstellung und -Verwendung für alle Branchen. Insbesondere schreibt die PSA-BV vor, wie PSA auszuwählen und bereitzustellen ist, dass sie den EU-Anforderungen (CE-Kennzeichnung gemäß Verordnung (EU) 2016/425) genügen muss, und dass der Arbeitgeber für Wartung, Reinigung, Reparatur, Lagerung und Ersatz der PSA Sorge zu tragen hat. Auch die bereits erwähnte Unterweisungspflicht der Arbeitgeber ist hier festgelegt: Beschäftigte müssen im sicheren Umgang mit der PSA geschult werden. PSA der Kategorie II (dazu zählen Sicherheitsschuhe, da sie Schutz gegen mittlere Risiken bieten) und III müssen individuell angepasst sein; bei PSA der Kat. III (höchste Risiken wie Atemschutz mit Absturzgefahr) sind zusätzlich praktische Übungen erforderlich. Für Sicherheitsschuhe als Kategorie-II-PSA bedeutet dies, dass eine Einweisung in Tragen, Pflege und Prüfung erfolgen muss, aber keine extra Übungen vorgeschrieben sind. Zusammengefasst bildet die PSA-BV die rechtliche Grundlage dafür, dass Arbeitgeber Sicherheitsschuhe richtig auswählen und kostenlos bereitstellen und dass Beschäftigte diese nutzen.
Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV): Die BetrSichV regelt hauptsächlich Sicherheit bei der Benutzung von Arbeitsmitteln, doch sie greift den PSA-Gedanken ebenfalls auf. Sie verlangt vom Arbeitgeber, Risiken, die beim Betrieb von Maschinen, Werkzeugen oder anderen Arbeitsmitteln auftreten, in einer Gefährdungsbeurteilung nach dem Stand der Technik zu bewerten. Die BetrSichV konkretisiert somit die ArbSchG-Pflichten für diesen Bereich. Wo Gefährdungen wie Quetsch- oder Stichgefahren an den Füßen trotz technischer Schutzmaßnahmen bestehen bleiben (z. B. beim Bedienen bestimmter Maschinen, beim Umgang mit schweren Lasten oder gefährlichen Arbeitsstoffen), muss in der Gefährdungsbeurteilung nach BetrSichV das Tragen geeigneter Sicherheitsschuhe als Schutzmaßnahme festgelegt werden. In Anhängen und Technischen Regeln zur BetrSichV finden sich branchenspezifische Vorgaben; Technische Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) stellen den jeweils geltenden Stand der Technik und Arbeitsmedizin dar. So behandelt z. B. die TRBS 1111 das Vorgehen bei Gefährdungsbeurteilungen allgemein, während andere TRBS (etwa zu mechanischen oder elektrischen Gefahren) Hinweise geben, wann PSA wie Fußschutz erforderlich ist. Die Einhaltung der TRBS ist zwar nicht zwingend vorgeschrieben, gilt aber als Vermutungswirkung dafür, die BetrSichV-Anforderungen zu erfüllen. Folglich sollte ein Arbeitgeber die TRBS bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen berücksichtigen, um rechtskonform zu handeln.
Unfallverhütungsvorschriften (DGUV-Vorschriften): Zusätzlich zu staatlichen Gesetzen gibt es die Vorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), die für Mitgliedsunternehmen bindend sind. Besonders wichtig ist die DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“, die grundlegende Pflichten im Arbeitsschutz zusammenfasst. Darin wird etwa in § 29 nochmals betont, dass der Unternehmer den Versicherten geeigneten Fußschutz persönlich und in ausreichender Menge bereitstellen muss. In § 30 wird festgelegt, dass Versicherte die PSA auch benutzen müssen, wie es ihnen vom Unternehmer bereitgestellt und angewiesen wurde. Diese Vorschrift 1 ist also eine Art Grundregel: Sie spiegelt ArbSchG und PSA-BV inhaltlich wider und ergänzt sie mit Unfallversicherungs-spezifischen Aspekten (z. B. Verpflichtung zur regelmäßigen Prüfung der PSA auf einwandfreien Zustand, Meldepflicht von Mängeln durch Beschäftigte). Neben der Vorschrift 1 existieren weitere berufsgenossenschaftliche Regelwerke: DGUV Regel 112-191 „Benutzung von Fuß- und Knieschutz“ (früher BGR 191) ist eine einschlägige BG-Regel, die die Auswahl und Verwendung von Sicherheitsschuhen detailliert beschreibt und praktische Empfehlungen gibt. Sie betont unter anderem, dass die Gefährdungsbeurteilung die Grundlage jeder Auswahl von Fußschutz ist und listet typische Gefährdungen und Schutzmaßnahmen auf (inklusive orthopädischer Anpassungen bei Bedarf). Auch spezielle Branchenvorschriften der DGUV können relevant sein – etwa DGUV Vorschrift 38 „Bauarbeiten“ oder DGUV Vorschrift 40 „Schiffe und Häfen“, die jeweils das Tragen von Schutzschuhen auf Baustellen bzw. in Hafenbetrieben vorschreiben. In der Regel stimmen aber alle diese Vorschriften darin überein, dass in definierten Gefahrenbereichen Sicherheitsschuhe Pflicht sind und dass der Unternehmer deren Tragen durchsetzen muss.
Technische Normen (EN ISO 20345): Während Gesetze und Vorschriften die Pflicht zum Tragen regeln, legen Normen die technischen Anforderungen an die Schutzausrüstung fest. Die maßgebliche Norm für Sicherheitsschuhe ist DIN EN ISO 20345, die europäische Norm für Sicherheitsschuhe (mit Zehenschutzkappe). Nur ein Schuh, der dieser Norm entspricht (CE-gekennzeichnet nach PSA-Verordnung), darf als „Sicherheitsschuh“ eingesetzt werden. Zentral fordert die Norm eine Zehenschutzkappe mit Prüfenergie 200 Joule (entspricht dem Aufprall eines 20 kg-Gewichts aus 1 m Höhe). Außerdem muss jeder Sicherheitsschuh rutschhemmende Eigenschaften besitzen; in der Grundanforderung ist eine kraftstoffbeständige, ausreichend profilierte Sohle enthalten. Die Norm EN ISO 20345 unterteilt Sicherheitsschuhe in Klassen (SB, S1 bis S5) und definiert Zusatzanforderungen. SB („Safety Basic“) erfüllt die Minimalanforderungen: Zehenschutzkappe 200 J und eine Grundprofilsohle (meist auch Antirutsch und bedingt ölresistent). S1 umfasst SB und verlangt zusätzlich einen geschlossenen Fersenbereich, Antistatik und Energieaufnahme im Fersenbereich (Stoßdämpfung). S2 beinhaltet S1 und fordert darüber hinaus begrenzte Wasserdichtigkeit des Schuhoberteils (Schutz gegen Wasserdurchtritt und -aufnahme). S3 wiederum baut auf S2 auf und fügt eine durchtrittsichere Zwischensohle (Schutz gegen Nageltritte) sowie eine profilierte Laufsohle hinzu. S4 und S5 entsprechen S1 bzw. S3, sind jedoch vollständig aus Polymer/Kautschuk gefertigt (z. B. Gummistiefel) und damit auch für nasse/chemische Umgebungen geeignet. S5-Stiefel haben zusätzlich Durchtrittschutz und Profil so wie S3. Diese Klassifizierungen erleichtern die Auswahl geeigneter Schuhe je nach Erfordernis. Die Norm wurde 2022 aktualisiert, was neue Kategorien (z. B. S6, S7 für komplett wasserdichte Schuhe) und Kennzeichnungen eingeführt hat – im Kern bleiben jedoch S1–S5 als etablierte Klassen bestehen.
Arbeitsschutzfachliche Bedeutung von Sicherheitsschuhen
Schutzfunktion und Unfallprävention: Sicherheitsschuhe sind ein zentrales Element des Arbeitsschutzes, weil sie häufig auftretende Verletzungsrisiken abwenden oder mindern, die andernfalls zu schweren Unfällen führen könnten. Statistiken der DGUV zeigen, dass beinahe jedem fünften Arbeitsunfall Verletzungen am Fuß oder Sprunggelenk zugrunde liegen (ca. 19 % der meldepflichtigen Unfälle). Damit gehören Fußverletzungen – nach Handverletzungen – zu den häufigsten Unfallfolgen. Typische Gefahren für die Füße sind: das Herabfallen schwerer Gegenstände auf den Vorderfuß/Zehen, das Treten auf spitze oder scharfkantige Objekte (z. B. Nägel, Scherben), das Umknicken des Fußes bei unebenem Boden, das Ausrutschen auf glatten oder öligen Flächen, sowie thermische oder chemische Einwirkungen (heiße Flüssigkeiten, ätzende Stoffe). Sicherheitsschuhe wirken hier als letzte Schutzbarriere. Die Zehenschutzkappe aus Stahl/Alu/Kunststoff verhindert Quetschungen oder Amputationen der Zehen bei Stoß- oder Druckbelastungen. Durchtrittsichere Sohlen (Metall- oder Kevlar-Einlagen) schützen vor Nägeln und spitzen Gegenständen, die die Fußsohle durchbohren könnten. Rutschhemmende Profilsohlen reduzieren Ausrutsch- und Sturzunfälle beträchtlich – gerade auf Baustellen oder in der Fertigung sind glatte Böden ein häufiges Problem, und viele Sturzunfälle resultieren in Fuß- und Knöchelverletzungen. Auch gegen umknickenbedingte Verstauchungen können bestimmte Sicherheitsschuhe mit hohem Schaft oder Stützelementen vorbeugen (ein Großteil der Fußverletzungen betrifft das Sprunggelenk). Schließlich dienen spezielle Materialien des Schuhwerks dem Schutz vor Chemikalien oder extremer Hitze/Kälte (etwa spezielle Gummimischungen oder Hitzeschutzstiefel). Insgesamt reduzieren Sicherheitsschuhe das Risiko von Fußverletzungen massiv und tragen dazu bei, Ausfallzeiten und Langzeitschäden (bis hin zur Erwerbsunfähigkeit) zu vermeiden.
Arten von Sicherheitsschuhen und Einsatzbereiche: Sicherheitsschuhe sind in diversen Schutzklassen erhältlich, um für unterschiedliche Arbeitsbedingungen den nötigen Schutz zu bieten. Je höher die Klasse, desto umfangreicher der Schutzumfang, daher hängt die Wahl immer von den konkreten Gefährdungen am Arbeitsplatz ab.
Nachfolgend ein Überblick über die gängigen Klassen S1 bis S5 und deren typische Anwendungsbereiche:
SB (Basic) und S1: Ein SB-Schuh bietet den Grundschutz (200 J-Zehenkappe, Grundsohle), S1 zusätzlich Antistatik und Fersenenergieaufnahme. S1-Schuhe werden hauptsächlich in trockenen Innenbereichen eingesetzt – z. B. in Lagerhallen, Werkstätten, Fertigungshallen oder auch Büroumgebungen im Industriebetrieb, wo zwar eine Zehenschutzkappe nötig ist (etwa wegen Transportwagen oder umfallender Gegenstände), aber keine Nässe oder Nagelgefahr besteht. S1-Schuhe sind leicht und atmungsaktiver, was den Tragekomfort erhöht. Ein Sonderfall ist S1P, der im Grunde einem S1-Schuh mit zusätzlichem Durchtrittschutz entspricht. S1P wird oft in Bereichen getragen, wo einerseits ein trockenes Umfeld vorliegt, jedoch spitze Gegenstände am Boden vorkommen können – beispielsweise in der Metallverarbeitung oder Montage, wo Metallspäne oder -abfälle auf dem Boden liegen, oder auf dem Bau, solange keine Nässe auftritt. In vielen Fällen wird allerdings gleich S3 (siehe unten) genutzt, da dort der Nägel-Schutz integriert ist.
S2: Sicherheitsschuhe der Klasse S2 eignen sich für feuchte Umgebungen. Sie haben zu den S1-Merkmalen ein wasserabweisendes Obermaterial, das verhindert, dass der Schuh bei kurzzeitiger Einwirkung von Wasser durchweicht. Typische Einsatzorte sind z. B. Logistikbereiche im Freien, KFZ-Werkstätten, Lebensmittelindustrie oder generell Arbeiten im Außenbereich, bei denen es nass werden kann (Reinigung, Landwirtschaft in nasser Umgebung). S2-Schuhe schützen den Fuß also vor Regen, Spritzwasser und schlammigen Böden, aber bieten noch keinen Nageldurchtrittschutz. Wenn also in einer feuchten Umgebung auch scharfe Gegenstände vorkommen (etwa auf einer Baustelle im Regen), wäre wiederum S3 nötig.
S3: Die Klasse S3 ist die wohl meistverbreitete Schutzklasse in Industrie und Bau. S3-Schuhe kombinieren den vollständigen Schutz vor mechanischen Risiken: Sie sind wasserabweisend (wie S2) und haben zusätzlich eine durchtrittsichere Sohle und ein griffiges Profil. Damit sind sie ideal für Baustellen (Hoch- und Tiefbau), Abbruch- und Entsorgungsarbeiten, Metallbau, Zimmerer- und Dachdeckerarbeiten und viele Bereiche der Fertigung, wo sowohl Nässe/Schmutz als auch scharfe Gegenstände am Boden vorhanden sein können. In der Bauwirtschaft sind S3-Sicherheitsschuhe in der Regel Pflicht – Bauunternehmen schreiben sie meistens vor, weil Nägel aus Brettern, herumliegender Schutt und herabfallende Teile zum Alltag gehören. Auch Garten- und Landschaftsbau oder Müllentsorgung setzen auf S3, da dort scharfkantige Gegenstände im Boden/Abfall stecken können. S3-Schuhe haben meist eine profilierte Laufsohle (ähnlich einem groben Stiefelprofil), die auch auf weichem Untergrund oder Geröll Halt gibt. Kurzum: S3 ist der Allround-Sicherheitschuh für Außenbereiche mit hohem Verletzungsrisiko – er deckt Fußschutz bei Nägeln, Nässe und schweren Objekten umfassend ab. Ein Praxisbeispiel: Bei einem Hochbauprojekt trug ein Arbeiter S3-Stiefel, als er versehentlich auf einen herausragenden Nagel trat – dank der durchtrittsicheren Zwischensohle blieb er unverletzt, wo ein normaler Schuh zu einer schweren Stichverletzung im Fuß geführt hätte.
S4: Sicherheitsschuhe der Klasse S4 sind komplett aus Polymer/Kunststoff (z.B. PU oder Gummi) gefertigt und erfüllen mindestens die Anforderungen von S2 (teilweise sogar S3, je nach Modell). Typischerweise handelt es sich bei S4 um Gummistiefel mit Zehenschutzkappe. Sie sind 100 % wasserdicht und oft beständig gegen Chemikalien oder Öle. Einsatzbereiche sind sehr nasse oder chemische Umgebungen, z. B. in der Lebensmittelverarbeitung (Schlachthöfe, Molkereien), Kläranlagen, Agrarbereich (Gülle, Nässe) oder beim Reinigen mit Hochdruckreinigern. S4-Stiefel bieten keinen eingebauten Durchtrittschutz – werden aber dort genutzt, wo Nagelgefahr gering ist, dafür aber permanenter Kontakt mit Flüssigkeiten besteht. Sie lassen sich leicht reinigen/desinfizieren und haben keine Nähte, durch die Feuchtigkeit eindringen kann.
S5: S5-Stiefel verbinden die Vorteile von S4 (vollständig dichtes Polymer-Material) mit einem Durchtrittschutz und Profilsohle. Man kann sagen, S5 = S4 + Nageldurchtrittschutz. Diese Schutzklasse ist erforderlich in Nassbereichen mit gleichzeitig hoher mechanischer Gefahr durch spitze Gegenstände. Beispiele: Arbeiten in der Kanalisation/Kanalreinigung, im Tiefbau (Fundamentgruben, wo Wasser steht und Bewehrungsstahl hervorsteht), im Straßenbau bei Regen, oder bei Feuerwehreinsätzen im Überschwemmungsgebiet, wo einerseits Nägel/Trümmer und andererseits kontaminiertes Wasser präsent sind. Ein Praxisbeispiel: Mitarbeiter in der Abfallwirtschaft, die mit Hochdruckschläuchen kontaminierte Schlämme beseitigen, tragen S5-Sicherheitsgummistiefel – diese schützen ihre Füße gleichzeitig vor Stichverletzungen durch Spritzen oder Glasscherben im Schlamm und halten die Füße trocken sowie vor Chemikalien geschützt.
Sicherheitsschuhe im betrieblichen Einsatz
Bei der Auswahl der Schutzklasse gilt generell das Prinzip, dass die höchste erforderliche Schutzstufe maßgeblich ist. Wenn ein Mitarbeiter verschiedene Tätigkeiten ausführt oder zwischen Bereichen wechselt (z. B. mal im Lager, mal draußen auf der Rampe), ist es praxisgerecht, direkt den höheren Schutz zu wählen, anstatt ständig Schuhe zu wechseln. Trägt er also z.B. einen S3-Schuh, ist er auch in Innenbereichen ausreichend geschützt, obwohl dort vielleicht S1 genügen würde – so wird durchgehend ein vollständiger Schutz sichergestellt. Wichtig ist zudem, dass Sicherheitsschuhe nur wirken, wenn sie konsequent getragen werden. Daher pochen Berufsgenossenschaften auf branchenspezifische Tragepflichten: In vielen Branchen (Bau, Produktion, Lagerlogistik etc.) ist das Tragen von Sicherheitsschuhen verbindlich vorgeschrieben – teils sogar ab Betreten bestimmter Zonen des Betriebs. Arbeitgeber sollten diese Pflichten in Betriebsanweisungen und Unterweisungen deutlich kommunizieren. Letztlich sind Sicherheitsschuhe ein unverzichtbarer Bestandteil des ganzheitlichen Arbeitsschutzkonzepts: Sie ergänzen technische Sicherheitsvorkehrungen und verhindern Verletzungen in Situationen, in denen andere Maßnahmen an ihre Grenzen stoßen. Durch geeignete Sicherheitsschuhe lassen sich Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten im Bereich der unteren Extremitäten signifikant reduzieren – was sowohl dem Schutz der Beschäftigten als auch dem wirtschaftlichen Interesse des Unternehmens (weniger Ausfallzeiten, weniger Unfallkosten) dient.