Zum Inhalt springen
FM-Connect Chat

Hallo! Ich bin Ihr FM-Connect Chat-Assistent. Wie kann ich Ihnen helfen?

FM-Solutionmaker: Gemeinsam Facility Management neu denken

EU: Strategy for Sustainable and Circular Textiles

Facility Management: Berufswäsche / Textillogistik » Grundlagen » Nachhaltigkeit » Strategy for Sustainable and Circular Textiles

EU-Strategie für nachhaltige und zirkuläre Textilien

EU-Strategie für nachhaltige und zirkuläre Textilien

Die Textilindustrie steht vor einem Paradigmenwechsel hin zur Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft. Mit der EU-Strategie für nachhaltige und zirkuläre Textilien verfolgt die Europäische Union eine ambitionierte Vision: Bis 2030 sollen Textilprodukte langlebig, reparierbar und recyclingfähig sein, größtenteils aus recycelten Fasern bestehen, keine gesundheits- oder umweltgefährdenden Chemikalien enthalten und unter fairen sozialen Bedingungen hergestellt werden. Dieses Ziel markiert einen Meilenstein im Rahmen des Europäischen Grünen Deals und des Aktionsplans für Kreislaufwirtschaft und erfordert ein grundlegend anderes Wirtschaftsmodell für die Textilbranche. Deutschland, als bedeutender Absatzmarkt und Importeur von Textilien, spielt in der Umsetzung dieser Strategie eine zentrale Rolle.

Ein besonderer Fokus liegt auf gewerblichen Textilien – dazu zählt insbesondere die betriebliche Berufskleidung (Arbeitskleidung, Schutzkleidung, Dienstbekleidung) und die damit verbundene Textillogistik. Anders als bei Mode für Endverbraucher bieten gewerbliche Textilien besondere Voraussetzungen für eine Kreislaufführung: Unternehmen und Textildienstleister unterhalten oft langfristige Lieferbeziehungen, es werden große Stückzahlen identischer Textilien mit bekannter Materialzusammensetzung genutzt, und vielfach kommen Miet- und Leasingsysteme zum Einsatz. Solche B2B-Geschäftsmodelle besitzen ein erhebliches Potenzial als Hebel für nachhaltige Innovationen, da hier bereits etablierte Strukturen für Wiederverwendung, Instandhaltung und Rücknahme existieren. In Deutschland benötigten im Jahr 2020 etwa 34 Millionen der 42 Millionen Beschäftigten spezielle Arbeitskleidung, wovon gut ein Drittel über Miettextilien bereitgestellt wurde. Die Umsetzung der EU-Textilstrategie in diesem Sektor betrifft somit nicht nur textile Produzenten, sondern auch Industriewäschereien, Textil- und Mietserviceunternehmen sowie eine Vielzahl von Betrieben, die Berufskleidung für ihre Mitarbeitenden einsetzen.

Hintergrund: EU-Strategie für nachhaltige und zirkuläre Textilien

Die EU-Kommission verabschiedete am 30. März 2022 eine umfassende Textilstrategie, die als Teil des Grünen Deals und des zweiten Aktionsplans für Kreislaufwirtschaft die Weichen für eine Transformation des Textilsektors stellt. In einer Ausgangsanalyse konstatiert die Kommission, dass der Textilkonsum in der EU bereits heute über den gesamten Lebenszyklus hinweg die viertgrößten negativen Umwelt- und Klimaauswirkungen aller Konsumgüter verursacht – nur übertroffen von Nahrungsmitteln, Wohnen und Mobilität. Jährlich fallen in der EU rund 5,8 Millionen Tonnen Textilabfälle an, im Schnitt 11 kg pro Person. Gleichzeitig werden weniger als 1 % der weltweit gesammelten Alttextilien wieder zu neuen Textilien recycelt. Dieses lineare Wirtschaftsmodell der „Take-Make-Waste“-Textilwirtschaft – geprägt von kurzer Nutzungsdauer, seltenen Reparaturen und kaum vorhandenem Faser-zu-Faser-Recycling – führt zu Überproduktion, Überkonsum und einer Verschwendung von Ressourcen. Hinzu kommt die Problematik der Mikroplastikfreisetzung durch synthetische Textilien über Waschprozesse und Gebrauch, welche die Umweltbelastung weiter erhöht. Vor diesem Hintergrund zielt die EU-Strategie darauf ab, Textilien in einen zirkulären Fluss zu überführen und die negativen Externalitäten deutlich zu reduzieren.

Konkret definiert die Strategie ein Leitbild für 2030: Textilerzeugnisse auf dem EU-Markt sollen langlebig und recyclingfähig sein, zum Großteil aus Recyclingfasern bestehen und unter Einhaltung sozialer Rechte umweltgerecht produziert werden. Fast Fashion – also sehr schnelle Kollektionen minderer Qualität mit kurzer Nutzungsdauer – soll „aus der Mode kommen“, während Verbraucher*innen länger hochwertige und erschwingliche Textilien nutzen können. Weiterhin sollen wirtschaftlich rentable Wiederverwendungs- und Reparaturdienste EU-weit verfügbar sein. Hersteller tragen in diesem Zukunftsbild Verantwortung entlang der gesamten Wertschöpfungskette bis hin zur Entsorgung, und ein florierendes Textilökosystem verfügt über ausreichende Kapazitäten für innovatives Faser-zu-Faser-Recycling, sodass Textilverbrennung und Deponierung auf ein Minimum sinken.

Zur Verwirklichung dieser Vision sieht die EU-Strategie ein Bündel an Maßnahmen vor. Zentrale Pfeiler sind neue verbindliche Ökodesign-Anforderungen für Textilprodukte, die mittels der geplanten Ecodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte (engl. Ecodesign for Sustainable Products Regulation, ESPR) erlassen werden sollen. Diese sollen Mindeststandards für Haltbarkeit, Reparierbarkeit, Recyclingfähigkeit und ggf. einen Digitalen Produktpass umfassen. In der Tat ist am 18. Juli 2024 die Verordnung (EU) 2024/1781 in Kraft getreten, die den rechtlichen Rahmen schafft, um produktgruppenspezifische Ökodesign-Vorgaben per delegiertem Rechtsakt festzulegen. Für Textilien ist bereits angekündigt, dass spätestens ab Juli 2025 erste Anforderungen greifen sollen, z.B. hinsichtlich eines Digitalen Produktpasses für Textilwaren. Dieser digitale Pass – ein virtuelles Produktprofil – soll Informationen über Materialzusammensetzung, Herstellungsprozesse, enthaltene Chemikalien und Recyclingmöglichkeiten eines Textils bereitstellen, um Transparenz entlang der Lieferkette herzustellen und die Kreislaufführung zu erleichtern. Auch sollen Verbraucher über langlebigere und nachhaltigere Produkte besser informiert und vor Greenwashing geschützt werden. Ergänzend plant die EU erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) für Textilien: Hierzu wird derzeit die Abfallrahmenrichtlinie novelliert, um Hersteller und Importeure über ein gemeinschaftliches System an den Kosten für Sammlung, Sortierung und Verwertung getragener Textilien zu beteiligen. Ein solches EPR-System – analog zu bestehenden Systemen für Elektrogeräte oder Verpackungen – würde etwa öko-modulierte Gebühren erheben, die nachhaltigere (langlebigere, leichter recycelbare) Produkte finanziell begünstigen. Außerdem sollen illegale Exporte von Alttextilien eingedämmt werden und Maßnahmen gegen die negativen Folgen der Fast Fashion implementiert werden – ein Novum im Regulierungsbereich. Die EU-Strategie umfasst zudem Initiativen zur Förderung nachhaltiger Materialien (z.B. Recyclingpolyester, Bio-Fasern), zur Chemikalienregulierung (insbesondere im Rahmen von REACH, um schädliche Substanzen in Textilien zu verbieten) sowie zur Sensibilisierung der Verbraucher*innen für langlebigen Textilkonsum. Die Überarbeitung der Kriterien für das EU Ecolabel für Textilien und Schuhe soll die freiwillige Kennzeichnung umweltfreundlicher Textilien attraktiver machen. Schließlich spielt auch die sozialverträgliche Produktion eine Rolle: Die EU will über Sorgfaltspflichten und Zertifizierungsinitiativen sicherstellen, dass weltweit Arbeitsrechte eingehalten werden und z.B. Kinderarbeit in der textilen Lieferkette unterbunden wird.

Betriebswirtschaftliche Auswirkungen und neue Geschäftsmodelle

Die Transformation zu nachhaltigen und zirkulären Textilien bringt weitreichende betriebswirtschaftliche Änderungen für Unternehmen mit sich, die Berufskleidung nutzen oder bereitstellen. Im Zentrum steht eine Abkehr vom klassischen linearen Beschaffungsmodell („Kaufen – Nutzen – Entsorgen“) hin zu zirkulären Geschäftsmodellen. Insbesondere Textil-Leasing und Mietmodelle für Berufskleidung erfahren vor dem Hintergrund der EU-Strategie Rückenwind. Während viele Unternehmen in Deutschland bereits auf Mietberufskleidung setzen (über spezialisierte Dienstleister, die Ausstattung, regelmäßige Reinigung und Instandhaltung übernehmen), wird die strategische Bedeutung solcher Modelle weiter steigen, da sie per se Anreize für Langlebigkeit und Wiederverwendung bieten. Der Textildienstleister MEWA etwa bietet seit langem einen Rundum-Service für Berufsbekleidung an, der auf Haltbarkeit und regelmäßige Reparatur statt Wegwerfen setzt. Beschädigte Stellen an Arbeitskleidung werden ausgebessert, Verschlüsse ersetzt oder ganze Teilsegmente (wie Taschen oder Ärmel) erneuert, um die Lebensdauer der Textilien zu verlängern. Solche Reparaturservices sind eingebettet in das Mietmodell und für Kunden bereits heute gängige Praxis, was sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile mit sich bringt. Wolfgang Quednau, Textilingenieur und Geschäftsführer in der Branche, betont: „Je länger ein Kleidungsstück im Einsatz ist, desto mehr reduziert sich die relative Umweltbelastung. Bei Berufstextilien, die viel stärker strapaziert werden als Modebekleidung, ist eine hohe Langlebigkeit nur mit hochwertiger, reparierbarer Kleidung zu erreichen“. Gleichzeitig spart eine erhöhte Nutzungsdauer auch Kosten, da weniger häufig Ersatz beschafft werden muss. Unternehmen, die auf Qualitätsbekleidung mit vielen Einsatzzyklen setzen, profitieren demnach doppelt: ökologisch und ökonomisch. Dies unterstreicht das Konzept der Total Cost of Ownership (TCO) in der Berufskleidung: Betrachtet man die Lebenszykluskosten – Anschaffung, Pflege/Instandhaltung und Entsorgung bzw. Ersatzbeschaffung –, kann ein zunächst teureres, aber langlebiges Kleidungsstück über die Zeit kostengünstiger sein als mehrfach billige, schnell verschlissene Kleidung. Die Lebenszykluskostenrechnung wird daher zunehmend Teil der Beschaffungsentscheidungen, insbesondere da künftig externe Entsorgungskosten (etwa über EPR-Gebühren) internalisiert werden müssen.

Neben etablierten Mietmodellen entstehen Innovationspotenziale für neue Geschäftsmodelle. Ein Beispiel ist das Product-as-a-Service-Konzept im Textilbereich: Hersteller bieten nicht mehr nur das Produkt an, sondern garantieren dessen Verfügbarkeit und Funktion über einen Zeitraum, inkl. Wartung, Upgrades und Rücknahme. In der Berufskleidung könnte dies bedeuten, dass ein Unternehmen etwa eine „Funktionsgarantie“ für Schutzkleidung bucht – der Anbieter stellt sicher, dass stets zertifizierte, intakte Schutzanzüge in passender Anzahl verfügbar sind, kümmert sich um Reinigung, Reparatur und ersetzt abgenutzte Stücke proaktiv. Solche Modelle schaffen Anreize für Hersteller, extrem robuste und reparaturfähige Kleidung zu designen, da die Nutzungsdauer direkt ihren Ertrag beeinflusst. Die EU-Strategie fördert diese Ausrichtung, indem Langlebigkeit als Schlüsselziel verankert ist und neue Kreislauf-Geschäftsmodelle wie Wiedervermietung, Second-Hand-Börsen für Arbeitskleidung oder Hersteller-Rücknahmesysteme angeregt werden. Unter einem Rücknahmesystem versteht man beispielsweise, dass Hersteller von Berufskleidung gebrauchte oder ausgemusterte Stücke zurücknehmen, um sie zentral zu sortieren, aufzuarbeiten oder dem Recycling zuzuführen. Erste Kooperationen in Deutschland zeigen, wie dies praktisch umgesetzt werden kann: So hat etwa der Miettextil-Anbieter DBL Böge mit der Recyclingfirma SOEX ein Pilotprojekt gestartet, um ausgemusterte Berufsbekleidung systematisch zu verwerten. Die getragenen Kleidungsstücke werden gesammelt und von SOEX mittels innovativer Infrarot-Sortiertechnologie nach Material und Farbe getrennt, um daraus wieder Garnmaterial zu gewinnen. Die Anteile, die sich nicht mehr für neue Garne eignen (z.B. stark verschlissene Fasern oder Materialmix mit störenden Bestandteilen), werden zu Reißfasern zerkleinert und als Industriedämmstoffe in der Automobil- oder Bauindustrie weiterverwendet. Dieses Beispiel illustriert, wie ein zirkuläres Geschäftsmodell alle Lebensphasen der Textilie abdeckt: von der Bereitstellung über die Nutzung und Instandhaltung bis zur End-of-Life-Verwertung im Sinne des Wertstoffkreislaufs.

Für Unternehmen, die Berufskleidung nutzen (etwa in Produktion, Logistik, Gesundheitswesen oder Servicebranchen), bedeutet die EU-Strategie zum einen, dass bei der Beschaffung verstärkt auf nachhaltige Kriterien geachtet werden muss (Stichwort nachhaltige öffentliche Beschaffung im Behördenbereich, siehe Leitfäden des Bundes). Zum anderen entstehen Investitionserfordernisse: Textildienstleister investieren in langlebigere Materialien, RFID-Tracking, digitale Plattformen und Schulungen zum fachgerechten Reparieren. Industriewäschereien modernisieren ihre Anlagen, um energie- und wassereffizienter zu arbeiten, was die Betriebskosten zwar initial erhöht, sich langfristig jedoch durch Einsparungen und Regulierungsvorteile (z.B. geringere Abwasserabgaben) amortisieren kann. Die Innovationspotenziale sind beträchtlich: Von neuen Fasertechnologien (etwa abriebfestere Recycling-Garne) über smarte Berufskleidung (mit Sensoretiketten zur Nutzungsüberwachung) bis hin zu Circular Fashion Platforms, auf denen Unternehmen überschüssige oder gebrauchte Arbeitskleidung weiterverkaufen oder tauschen können.

Anforderungen an die zirkuläre Textillogistik

Die Verwirklichung einer echten Zirkularität in der Berufskleidung stellt hohe Anforderungen an die Logistik und Infrastruktur entlang des Textillebenszyklus. Traditionell umfasst die Textillogistik in diesem Bereich die Beschaffung der Kleidung, die Verteilung an die Nutzenden, das regelmäßige Einsammeln und Waschen (bei Mietkleidung), sowie irgendwann die Aussortierung verschlissener Teile. Im zirkulären Ansatz erweitern sich diese Aufgaben um Rückführlogistik, Sortierung nach Wiederverwendungspotenzial, Reparaturmanagement und Materialkreisläufe.

Ein erster essentieller Baustein ist die Organisation der Getrenntsammlung gebrauchter Textilien. In ganz Europa – so auch in Deutschland – wird ab dem 1. Januar 2025 die getrennte Erfassung von Alttextilien zur Pflicht. Gemäß § 20 (2) 6 Kreislaufwirtschaftsgesetz (implementiert auf Basis der EU-Abfallrahmenrichtlinie) müssen öffentlich-rechtliche Entsorger nun sicherstellen, dass Textilabfälle nicht mehr im Restmüll landen, sondern separiert eingesammelt und einer Wiederverwendung oder Verwertung zugeführt werden. Für die betriebliche Praxis bedeutet dies: Unternehmen und Textilserviceanbieter sollten geeignete Rückgabewege für ausgemusterte Berufskleidung einrichten. In vielen Fällen bestehen solche Wege bereits – z.B. durch die Abholung getragener Wäsche durch den Mietservice – müssen aber ausgebaut werden, um alle Textilien abzudecken, auch solche, die bislang oft „verschwunden“ sind (etwa privat entsorgte Arbeitskleidung der Mitarbeiter). Reverse Logistics wird damit zu einem Kernprozess: Ähnlich wie in der Kreislaufwirtschaft für Verpackungen oder Elektrogeräte gilt es, effiziente Sammel-, Rücktransport- und Weiterleitungsmechanismen aufzubauen. Eine Herausforderung ist dabei die Sortierung der zurückgeführten Textilien nach ihrem weiteren Verwendungszweck. Hier trennt sich der Strom idealerweise in mehrere Pfade: Wiederverwendung (ganze Kleidungsstücke, die noch funktionstüchtig sind, ggf. nach Aufbereitung), Weiterverwendung von Teilen (z.B. Entnahme von noch guten Komponenten als Ersatzteile), Weiteres Recycling (stoffliches Recycling zu Garn oder Faser) und zuletzt Downcycling/Energieverwertung für Restfraktionen. Die Logistik muss entsprechend flexibel und leistungsfähig sein, um diese Sortierschritte zeitnah nach der Rücknahme vornehmen zu können. Moderne Sortiertechnologien wie automatisierte NIR-Scanner (Nahinfrarot) können die Faserzusammensetzung und Farbe eines Textils erkennen und ermöglichen eine vorsortierte Trennung für Recyclingzwecke. Projekte wie die erwähnte Kooperation von DBL und SOEX zeigen, dass bereits Infrastrukturen entstehen, um große Mengen ausgemusterter Berufskleidung maschinell zu sortieren und dem Kreislauf zurückzugeben.

Neben der End-of-Life-Logistik gewinnt auch die Instandhaltungs- und Umlauflogistik an Bedeutung. Zirkularität bedeutet, ein Kleidungsstück so lange wie möglich in der Nutzungsphase zu halten (Nutzungsausdehnung). Dafür sind regelmäßige Wartung und Reparatur unabdingbar. Logistikdienstleister im Textilservice integrieren daher Reparaturschleifen in ihren Prozess: Jedes eingesammelte Kleidungsstück durchläuft nach der Wäsche eine Inspektion (teils automatisiert auf Leuchttischen oder per Kameraprüfung), um Schäden oder Verschleiß festzustellen. Identifizierte Mängel werden in einer Reparaturwerkstatt behoben, bevor das Teil wieder in den Umlauf gegeben wird. Diese Repair-Logistik erfordert eine Bevorratung von Ersatzmaterialien (Stoffflicken, Knöpfe, Reißverschlüsse etc.) und teils dezentrale Strukturen, um schnell vor Ort (z.B. in regionalen Wäschereien) reparieren zu können. Einige Unternehmen produzieren vorsorglich Reparatursets passend zu jeder Kollektion, sodass etwa für eine bestimmte Uniform Modell X genau passende Taschen, Bündchen oder Knopfsets auf Lager liegen. Das erhöht die Effizienz der Instandsetzung erheblich. Durch diese Praxis wird die Kreislauffähigkeit im Sinne der Nutzungsausdehnung schon umgesetzt, noch bevor Recycling ins Spiel kommt. Logistiker und Wäschereien übernehmen hier teils eine neue Rolle als Wertschöpfer, indem sie Produkte durch Serviceleistung aufwerten und länger nutzbar halten.

Ein weiterer Schlüsselfaktor ist die Digitalisierung der Textillogistik. Um die komplexen Kreislaufströme zu steuern, setzt die Branche vermehrt auf Tracking-Systeme. Bereits heute werden in Mietberufskleidung häufig RFID-Chips oder Barcodes eingenäht, die es ermöglichen, jedes Kleidungsstück während der Umläufe zu verfolgen – von der Auslieferung an den Mitarbeiter über die Abholung zur Wäsche bis zur Rücklieferung. Zukünftig könnten diese digitalen Identifikatoren in erweiterter Form als digitaler Produktpass dienen, der nicht nur die aktuelle Zugehörigkeit, sondern auch Material- und Pflegeinformationen enthält. Im Forschungsprojekt DiTex wurde beispielsweise ein „intelligentes Etikett“ als digitale Tracking-Lösung erprobt, welches den Lebenszyklus eines Textils begleitet. Solche Etiketten könnten über QR-Codes oder NFC-Chips ausgelesen werden und alle nötigen Daten für Sortierung und Recycling bereitstellen. Für die Logistik heißt das: An Sammelstellen oder in Sortierzentren ließen sich die zurückkommenden Textilien automatisiert scannen, um z.B. die Faserart (Baumwolle, Polyester usw.) sowie etwaige Sonderbehandlungen (Imprägnierungen, Flammschutzmittel) auszulesen. Dies erleichtert die zuverlässige Zuordnung zu geeigneten Recyclingverfahren – reine Baumwollartikel in eine Textilrecyclinganlage für Zellulosefasern, Polyester-Baumwoll-Mischungen in ein chemisches Recycling, etc. Noch sind viele dieser Technologien im Pilotstadium, doch die EU-Strategie und die Vorgaben der kommenden Ökodesign-Regulierung werden ihre Einführung voraussichtlich beschleunigen.

Transparenz entlang der Lieferkette wird durch Digitalisierung ebenfalls gefördert. Unternehmen können mittels Blockchain-basierten Systemen oder zentraler Datenbanken nachvollziehen, welcher Lieferant welches Material geliefert hat, wo ein Kleidungsstück genäht wurde und welchen Weg es nach Gebrauch nimmt. Diese Transparenz ist nicht nur für die Nachhaltigkeit relevant, sondern auch für die Sicherheit und Qualität: Gerade bei Schutzkleidung (etwa für Feuerwehren oder medizinische Berufe) muss lückenlos dokumentiert sein, wie oft ein Teil verwendet und gereinigt wurde, um festzustellen, wann es ausgetauscht werden muss (z.B. begrenzte Anzahl von Waschzyklen für bestimmte Flammschutzanzüge). Hier kommen digitale Wartungsakten ins Spiel, die über den Produktpass verknüpft sein könnten.

Für Wäschereien, Textilservice-Betriebe und Logistiker ergeben sich aus all dem mehrere Herausforderungen:

  • Kapazitäten: Sie müssen höhere Volumina an zurückkommenden Alttextilien bewältigen, insbesondere wenn die separate Sammlung ab 2025 das Abfallaufkommen an Textilien sichtbar macht. Das erfordert mehr Lagerfläche für Zwischenspeicherung und eventuell neue Sortierlinien.

  • Know-how: Die Mitarbeiter in Sortierung und Instandhaltung brauchen Schulungen, um zirkuläre Prozesse umzusetzen. Beispielsweise muss das Personal entscheiden können, ob ein abgelegtes Kleidungsstück noch für eine Zweitnutzung geeignet ist oder besser direkt ins Recycling gegeben wird. Qualitätskriterien für Second-Hand-Berufskleidung sind zu entwickeln.

  • Partnernetzwerke: Kein Akteur deckt die ganze Kette alleine ab. Wäschereien müssen Partnerschaften mit Recyclern (wie die genannte Kooperation DBL–SOEX) oder gemeinnützigen Sammelsystemen (z.B. FairWertung für tragbare Kleidung) eingehen, um für jede Textilie den passenden Kanal zu finden.

  • Technische Ausstattung: Die Einführung von RFID & Digitalisierung erfordert Investitionen in Lesegeräte, Software und vielleicht sogar Robotik in der Sortierung. Zudem können Mikroplastik-Filter in Großwäschereien nötig werden, um beim Waschen von Synthetik-Berufskleidung die Faserflocken aufzufangen (Frankreich schreibt ab 2025 Filter für neue Waschmaschinen vor, eine ähnliche EU-Vorgabe ist in Diskussion).

  • Datenmanagement: Mit der Transparenz steigen die Anforderungen an Datenflüsse. Unternehmen müssen Datenschutz und Vertraulichkeit wahren (etwa wenn sie Produktpässe von Lieferanten teilen) und gleichzeitig Behörden oder Kunden gegenüber Bericht erstatten können, wie nachhaltig ihr Textilkreislauf ist (Stichwort Nachhaltigkeitsberichterstattung).

Trotz dieser Herausforderungen bieten sich auch für die Logistikakteure Chancen: Durch optimierte Routenplanung und Auslastung in der Rückführlogistik lassen sich Kosten senken und Emissionen reduzieren. Hochwertige, kreislauffähige Berufskleidung kann als Premium-Service vermarktet werden – Kunden sind möglicherweise bereit, für garantierte Nachhaltigkeit einen höheren Preis zu zahlen, gerade auch im öffentlichen Beschaffungswesen mit strengen Vergabekriterien. Zudem generiert die Kreislaufwirtschaft neue Wertströme: Was früher als Abfall entsorgt wurde, wird nun zur Ressource. Beispielsweise können Erlöse aus dem Verkauf von Alttextilfasern an Recyclingfirmen erzielt oder Gutschriften im EPR-System erhalten werden, wenn bestimmte Sammelquoten erfüllt sind. Logistikdienstleister wandeln sich so vom reinen Kostenfaktor zu Enablern der Kreislaufwirtschaft, deren Leistung einen messbaren ökologischen und ökonomischen Wert darstellt.

Ökologische Wirkungen und Potenziale

Die Umstellung auf nachhaltige und zirkuläre Prozesse in der Berufskleidung entfaltet erhebliche ökologische Vorteile über den gesamten Lebenszyklus von Textilien. Schon die EU-Strategie betont, dass die Verlängerung der Nutzungsdauer die wirksamste Methode zur Reduzierung der Klima- und Umweltwirkungen von Kleidung ist. Der größte Anteil des Ressourcenverbrauchs und der Emissionen fällt in der Regel bei der Herstellung neuer Textilien an – angefangen beim Rohstoff (Baumwollanbau mit hohem Wasser- und Pestizidbedarf, Polyesterherstellung aus Erdöl mit energieintensiven Prozessen) über das Spinnen, Weben/Stricken, Färben (mit hohem Chemikalieneinsatz) bis zur Konfektionierung. Wenn es gelingt, die Gebrauchsphasen von Kleidung zu verlängern, verteilt sich dieser „ökologische Rucksack“ auf mehr Tragezyklen und verringert so die Umweltbelastung pro Nutzung deutlich. In Zahlen bedeutet dies etwa: Ein langlebiger Arbeitskittel, der 5 Jahre genutzt wird, verursacht pro Nutzungsmonat weit weniger CO₂-Emissionen, Wasserverbrauch und Abfall als ein Kittel, der nach 1 Jahr ersetzt wird. Lebenszyklusanalysen (LCA) bestätigen, dass Wiederverwendung vor Recycling rangiert – also das länger Tragen und evtl. Weiterverwenden ganzer Kleidungsteile mehr Umweltauswirkungen vermeidet als ihr frühzeitiges Recycling oder Entsorgen. Eine Studie der American Reusable Textile Association verglich beispielsweise wiederverwendbare Schutzanzüge mit Einweg-Anzügen und fand gravierende Unterschiede: die Mehrweg-Variante verbrauchte 56 % weniger Energie, stieß 57 % weniger Treibhausgase aus, benötigte 77 % weniger Blue Water (Frischwasser) und verursachte 95 % weniger Abfall im Vergleich zur Einweg-Variante. Übertragen auf Berufskleidung in Deutschland bedeutet dies, dass der Ersatz von Einwegtextilien (wo sie noch verwendet werden, z.B. Einweg-Schutzkittel in der Medizin) durch Mehrweg-Lösungen eine unmittelbare Reduktion von Abfall und Emissionen bewirkt.

Doch auch innerhalb der Mehrweg-Systeme gibt es erhebliche ökologische Optimierungspotenziale. Ressourcenschonung fängt bei der Materialwahl an: Rezyklateinsatz, wo immer möglich, kann den Bedarf an neuen Rohstoffen senken. Im Projekt DiTex wurden Poloshirts und Hemden entwickelt, die einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Recyclingfasern aufwiesen, ohne an Funktionalität einzubüßen. Für Berufsbekleidung werden hohe Anforderungen an Festigkeit und Farbechtheit gestellt; recycelte Fasern müssen diesen Anforderungen gleichkommen, um eingesetzt zu werden. Hier zeigt sich ein Spannungsfeld: Einerseits soll der Rezyklatanteil steigen (Ziel: geschlossene Materialkreisläufe), andererseits darf dies nicht zulasten der Produktqualität und -lebensdauer gehen – sonst wäre ökologisch nichts gewonnen. Lösungsansätze liegen in der Materialforschung: verbesserte mechanische Recyclingverfahren für Baumwolle, chemisches Recycling für Polyester und insbesondere Verfahren, um Mischgewebe aufzutrennen. Polyester-Baumwoll-Mischungen sind in Berufskleidung weit verbreitet (z.B. 65 % PES, 35 % CO in vielen Kittelstoffen), vereinen Tragekomfort und Haltbarkeit – ihr Recycling ist aber anspruchsvoll. Hier setzt ein vom BMBF gefördertes Konsortium (unter Beteiligung von TU Braunschweig und Hochschule Niederrhein) an, das an einem chemischen Recycling von Polyestern aus Mischgeweben arbeitet, um daraus neue Fasern zu gewinnen. Gelingt dies im industriellen Maßstab, könnte aus einem alten Mischgewebe wieder ein neues Garn entstehen – ein textile-to-textile-Recycling, das einen echten geschlossenen Textilkreislauf ermöglicht. Wolf ist zuversichtlich, dass die Anforderungen der neuen Ökodesign-Verordnung (insb. delegierte Rechtsakte für Textilien) diese Entwicklungen beschleunigen werden, da künftig Recyclingfähigkeit bereits im Design vorgeschrieben sein könnte (z.B. Begrenzung von Materialmix oder Pflicht zu recyclinggerechter Konstruktion).

Ein weiteres wichtiges ökologisches Thema ist die Reduktion des Schadstoffeinsatzes und der Emissionen über den Textillebenszyklus. Berufskleidung, insbesondere Schutzkleidung, kann Spezialausrüstungen enthalten (Imprägnierungen, Flammschutzmittel, chemikalienbeständige Beschichtungen). Die Strategie der EU und neue Standards (wie der deutsche Grüne Knopf 2.0) setzen hier strengere Maßstäbe, um gefährliche Chemikalien zu eliminieren oder zu substituieren. Dadurch sollen beim Tragen und Waschen weniger Schadstoffe in die Umwelt gelangen. Die Pflegephase von Berufstextilien ist nicht zu vernachlässigen: Industriewäschereien verbrauchen Wasser, Energie und Waschchemikalien. Hier wurden in den letzten Jahren Fortschritte erzielt – moderne Anlagen arbeiten mit Wärmerückgewinnung, Wasseraufbereitung und dosierter Waschmittelzufuhr, sodass pro Kilogramm Wäsche deutlich weniger Ressourcen benötigt werden. Trotzdem fällt bei jeder Wäsche insbesondere bei synthetischer Kleidung Mikroplastik als Fussel und Faserbruch an. Diese Mikrofasern können Kläranlagen teilweise durchdringen und in Flüsse und Meere gelangen. Zur ökologischen Verantwortung der Textillogistik gehört es folglich, Vorkehrungen dagegen zu treffen. Technisch möglich sind z.B. Mikrofiltrationssysteme an Waschmaschinen, Flotationseinheiten in Kläranlagen oder spezielle Wäschesäcke, die das Abfangen von Mikrofasern erlauben (letzteres eher im Haushaltsbereich). Gesetzgeberisch ist hier einiges in Bewegung: Frankreich hat als erstes Land eine Vorschrift, dass ab 2025 alle neuen Waschmaschinen Filter gegen Mikrofaseremissionen besitzen müssen. Die EU erwägt ähnliche Regelungen. Indirekt adressiert auch die Ökodesign-Regelung dieses Problem, indem über langlebigere Kleidung weniger synthetische Fasern insgesamt freigesetzt werden (weniger Neuware bedeutet weniger Gesamtfaserabrieb pro Jahr). Zudem fördert die EU die Entwicklung von faserschonenden Materialien, die weniger Abrieb erzeugen.

Die ökologische Gesamtwirkung zirkulärer Berufskleidung lässt sich idealerweise über Lebenszyklusanalysen quantifizieren. Erste Studien in Deutschland deuten an, dass etwa durch das DiTex-Projekt signifikante Einsparungen bei Treibhausgasen und Ressourcen möglich sind. So berichten die Macher, dass durch Einsatz von Recyclingfasern und längere Nutzung die CO₂-Bilanz pro Trageeinheit deutlich gesenkt wurde, ebenso der Wasser- und Energieverbrauch in der Lieferkette. Die genauen Zahlen hängen stark vom konkreten Szenario ab (Materialart, Anzahl der Nutzungszyklen, Recyclingpfad etc.). Wichtig ist jedoch, dass auch Downcycling-Produkte (wie Putzlappen aus alten Textilien oder Dämmstoffe) einen ökologischen Nutzen stiften, indem sie primäre Ressourcen substituieren. Beispielsweise ersetzt ein aus alten Baumwollkleidern hergestellter Putzlappen möglicherweise ein neu herzustellendes Mikrofasertuch aus Kunststoff – damit wird indirekt Rohöl gespart.

Nicht zuletzt spielen Zertifizierungen und Umweltstandards eine Rolle bei der ökologischen Bewertung. Das staatliche Siegel Grüner Knopf setzt strenge Mindestkriterien für die Produktionsprozesse (u.a. Verbot bestimmter Chemikalien, Einhaltung von Abwassergrenzwerten beim Färben) und fordert zugleich vom Unternehmen eine Umsetzung von Sorgfaltspflichten in der Lieferkette. Produkte mit dem Grünen Knopf müssen z.B. nachweisen, dass sie langlebig sind – dies wird u.a. durch Qualitätstests sichergestellt (Reißfestigkeit, Farbechtheit nach x Wäschen). Ein anderes wichtiges Label, das EU Ecolabel für Textilien, garantiert ebenfalls eine umweltgerechte Produktion über den Lebensweg und schließt z.B. zahlreiche Schadstoffe aus, fordert begrenzten Wasser- und Energieverbrauch in der Fertigung und verlangt einen Nachweis der Haltbarkeit (z.B. minimale Lichtechtheit, Formbeständigkeit). Solche Labels erleichtern Beschaffern die Auswahl ökologisch optimierter Berufskleidung und treiben die Branche an, kontinuierlich umweltfreundlichere Materialien und Verfahren einzusetzen. In der Praxis kombinieren Hersteller oft mehrere Zertifikate – etwa OEKO-TEX Standard 100 (für Schadstofffreiheit des Endprodukts) und zusätzlich Grüner Knopf (für die gesamte Lieferkette) –, um umfassende Nachhaltigkeit zu dokumentieren. Die öffentliche Nachfrage spielt hier eine wichtige Rolle: Kommunen oder große Unternehmen fragen zunehmend gezielt nach zertifizierter Berufskleidung (in Ausschreibungen werden etwa der Grüne Knopf oder vergleichbare Nachweise als Bedingung genannt). Dadurch entsteht ein Marktdruck, der ökologische Innovation belohnt.

Rechtsrahmen in Deutschland und der EU (Stand 2025)

Die beschriebenen Veränderungen werden maßgeblich durch gesetzliche Vorgaben und politische Initiativen gelenkt. Im Jahr 2025 befindet sich der Rechtsrahmen für Textilien im Umbruch, da zahlreiche neue Regelungen auf EU- und nationaler Ebene in Kraft treten oder kurz davorstehen.

Im Folgenden werden die wichtigsten rechtlichen Instrumente und Programme skizziert, die für nachhaltige Berufskleidung und Textillogistik relevant sind:

  • Europäische Ebene: Die EU-Strategie selbst wurde als Mitteilung der Kommission veröffentlicht (COM(2022) 141 final) und entfaltet politisch-steuernde Wirkung. Verbindlich sind jedoch die daraus abgeleiteten Gesetze. Allen voran ist hier die bereits erwähnte Verordnung (EU) 2024/1781 (Ökodesign für nachhaltige Produkte) zu nennen, die alten Regelungen (wie der Ökodesign-Richtlinie für energieverbrauchsrelevante Produkte) ein viel breiteres, alle Produkte umfassendes Konzept gibt. Für Textilien bedeutet dies konkret, dass in den kommenden Jahren delegierte Verordnungen erlassen werden, die Mindestkriterien für Haltbarkeit, Reparierbarkeit, Recyclingfähigkeit und Kennzeichnung von Textilerzeugnissen festlegen. Ein Teil davon ist der verpflichtende Digitale Produktpass, der bis 2030 schrittweise für nahezu alle Produkte eingeführt wird. Textilien gehören zur ersten Welle, weshalb Hersteller und Importeure sich kurzfristig auf Anforderungen einstellen müssen, detaillierte Produktdaten bereitzustellen. Ein weiteres EU-weites Instrument wird die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) für Textilien sein, die voraussichtlich im Rahmen der Novelle der Abfallrahmenrichtlinie (2008/98/EG) im Jahr 2025 beschlossen wird. Diese verpflichtet die Mitgliedstaaten, Systeme zur Alttextilentsorgung einzurichten, an denen sich Hersteller/Händler finanziell beteiligen. Unternehmen könnten etwa über eine Zentrale Stelle (analog zum Verpackungsregister) registriert werden und Produktverantwortungsgebühren entrichten, die z.B. nach Stoffart, Recyclingfähigkeit und Anteil recycelter Fasern gestaffelt sind (ökologische Modulation). Frankreich hat bereits ein nationales EPR-System für Textilien, und andere Länder (Schweden, Niederlande) planen Vorstöße – Deutschland setzt zunächst auf die EU-weite Regelung, erarbeitet aber parallel Pilotmodelle. Darüber hinaus gelten EU-weit bestehende Normen fort: die Textilkennzeichnungsverordnung (EU) 1007/2011 schreibt die Deklaration von Faserzusammensetzungen vor (wichtig für Recycling, da nur so Materialien identifiziert werden können). Die REACH-Verordnung und zugehörige Beschränkungen kontrollieren die Verwendung gefährlicher Chemikalien in Textilien (z.B. Azofarbstoffe, PFC-Imprägnierungen). Geplant sind zusätzliche REACH-Verbote etwa für PFAS-Chemikalien, die auch manche Funktionskleidung betreffen würden. Auf Verbraucher*innenseite soll die Richtlinie über die Stärkung der Verbraucher für den grünen Wandel (vorgeschlagen 2022) dafür sorgen, dass z.B. Haltbarkeitsangaben und ein Verbot irreführender Umweltaussagen (Greenwashing) implementiert werden – was auch Textilien einschließt. Auch das Konzept eines “Rechts auf Reparatur” wird auf EU-Ebene diskutiert, zunächst für Elektronik, aber perspektivisch möglicherweise für Textilien, um die Zugänglichkeit von Reparaturservices sicherzustellen.

  • Nationale Ebene (Deutschland): Als EU-Mitglied wird Deutschland die genannten Vorgaben in nationales Recht überführen bzw. direkt anwendbare Verordnungen umsetzen. Einige Maßnahmen wurden bereits ergriffen. So wurde das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) 2020 novelliert, um die Getrenntsammlungsquote für Textilien ab 2025 einzuführen. Öffentliche Entsorger (Stadtreinigungen) sind nun verpflichtet, Textilcontainer und Annahmestellen bereitzustellen. Weitergehende Schritte – wie ein nationales Pfandsystem für Textilien oder spezifische Produktverantwortungsregeln – werden derzeit geprüft, aber man wartet im Wesentlichen auf die EU-Regelung, um eine einheitliche Lösung zu haben. Ein wichtiger nationaler Rechtsakt ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), in Kraft seit 2023. Es zwingt große Unternehmen, Risiken in ihren globalen Lieferketten bezüglich Menschenrechten und bestimmten Umweltaspekten zu analysieren und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Die Textilbranche war einer der Auslöser für dieses Gesetz (Stichwort Rana Plaza), und folgerichtig müssen deutsche Textilunternehmen (inklusive solche, die viel Berufskleidung importieren) nun nachweisen, dass sie z.B. gegen Kinderarbeit vorgehen, existenzsichernde Löhne fördern und Umweltstandards bei ihren Zulieferern einhalten. Zwar betrifft das LkSG aktuell nur Unternehmen ab 1000 Mitarbeitenden (ab 2024 auch ab 500 MA), doch es hat eine Signalwirkung auch auf kleinere Zulieferer und könnte durch die geplante EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) in Zukunft verschärft bzw. vereinheitlicht werden. Für nachhaltige Berufskleidung bedeutet dies: Anbieter müssen Sozialstandards über die gesamte Kette dokumentieren, was z.B. durch Siegel wie den Grünen Knopf unterstützt wird (der verlangt Nachweis der Sorgfaltspflichten).

  • Weiterhin hat die deutsche Regierung Initiativen wie das Bündnis für nachhaltige Textilien (Textilbündnis) ins Leben gerufen, dem zahlreiche Firmen, Verbände und Zivilgesellschaft angehören. Dieses Bündnis erarbeitet branchenspezifische Leitfäden, etwa für Kreislaufwirtschaft in Berufskleidung, und fördert Pilotprojekte durch seine Mitglieder. So entstehen Best Practices, die ggf. in zukünftige Normierungen einfließen können. Der Deutsche Institut für Normung (DIN) verfolgt im Rahmen der Circular-Economy-Initiativen ebenfalls Projekte, um Standardanforderungen für Kreislauffähigkeit festzulegen – beispielsweise einheitliche Maße für wiederverwendbare Textilbehälter, Standards für Sekundärfaser-Qualitäten oder digitale Schnittstellen für den Produktpass. Zwar sind diese Normen freiwillig, sie erleichtern aber die Implementierung der gesetzlichen Pflichten in der Praxis.

  • Im Bereich Arbeitsschutz existieren außerdem branchenspezifische Vorgaben, die indirekt Einfluss haben: Etwa DGUV-Regeln, die festlegen, wann Schutzkleidung auszutauschen ist (z.B. Warnwesten müssen ausreichend Reflexionsgrad haben). Wenn nachhaltige Konzepte zum Tragen kommen, müssten solche Regeln ggf. angepasst werden, um eine Verlängerung der Nutzungsdauer nicht zu behindern (sofern Sicherheit nicht beeinträchtigt ist). Hier ist ein Abgleich von Sicherheitsnormen und Umweltnormen nötig, damit z.B. ein repariertes Schutzkleidungsstück wieder als normgerecht gilt.

  • Zu erwähnen ist auch die öffentliche Beschaffung in Deutschland: Seit 2020 bestehen in vielen Bundesländern Landesvergabegesetze, die Nachhaltigkeitskriterien vorsehen. Für die Bundesverwaltung wurde im März 2022 ein Leitfaden für die nachhaltige Textilbeschaffung veröffentlicht und 2025 aktualisiert. Darin werden u.a. der Grüne Knopf oder das Global Organic Textile Standard (GOTS) als Mindestkriterien genannt, ebenso die Berücksichtigung von Lebenszykluskosten und Reparaturfreundlichkeit bei Ausschreibungen. Diese Vorgaben erzeugen eine rechtsähnliche Verbindlichkeit (über die Vergabepraxis) und treiben die Nachfrage nach nachhaltiger Berufskleidung an.

In Summe entsteht ein dichtes Geflecht aus harten Regulierungsvorgaben und weicheren Steuerungsinstrumenten. Unternehmen in Deutschland müssen sich darauf einstellen, Compliance in neuen Feldern zu erfüllen – von Produkttransparenz (Daten für den Produktpass) über Rücknahmepflichten/EPR-Gebühren bis hin zu Sorgfaltsberichten über die Lieferkette. Gleichzeitig unterstützen Staat und EU den Wandel durch Förderprogramme (z.B. für Recyclinginnovationen oder Digitalisierung in KMU) und Plattformen zum Erfahrungsaustausch. Die erfolgreiche Umsetzung der EU-Strategie im Bereich der beruflichen Textilien wird somit auch davon abhängen, wie gut die Akteure den Rechtsrahmen antizipieren und proaktiv umsetzen.